Der „Gedenkweg für die Opfer des Faschismus“ – Ein lokales Beispiel für geschichtspolitische Gegenbewegungen

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Es ist jedes Jahr so. Seit mittlerweile 40 Jahren gibt es in Regensburg den „Gedenkweg für die Opfer des Faschismus“. Dieser findet alljährlich am 23. April statt, also an dem  Tag, an dem die rund 400 Gefangenen des KZ-Außenlagers Colosseum in Stadtamhof 1945 zum Todesmarsch getrieben wurden. Und seit 40 Jahren weigert sich die CSU-dominierte Stadtspitze, diesem Gedenkmarsch beizuwohnen, weil auch Kommunisten teilnehmen.
Das bekannte Regionalblog Regensburg Digital schreibt:

Kommunisten, Christen und Konservative saßen zwar gemeinsam in den Konzentrationslagern, aber nein, gemeinsam der Opfer gedenken kann man nicht.

Die Auseinandersetzungen um die Erinnerung an den Faschismus in Regensburg mag ein gewisses bayerisches Lokalkolorit haben. Regensburg ist auch ein sehr interessantes Beispiel für geschichtspolitische Gegenbewegungen. Eine Geschichtswerkstatt gab es nie, aber  in den 1980ern und Gruppierungen wie die Arbeitsgemeinschaft ehemaliges Konzentrationslager Flossenbürg, der VVN-BdA oder pax christi versuchen neben anderen Akteuren heute ideologische Schranken zu beseitigen. Die rechtskonservativ-neoliberale Universität Regensburg fällt als progressiver Akteur völlig aus.

Wer bei Regensburg Digital einmal etwas intensiver zu stöbern anfängt, bekommt einen ganz guten ersten Einblick. Und wenn ich mir ein Buch wünschen dürfte, dann eines, das die Regensburger Geschichtspolitik als exemplarischen Kampf um den Erinnerungsraum darstellt – und zwar nicht nur in Bezug auf die Zeit zwischen 1933 und 1945, sondern weit darüber hinaus bis hin zur Verklärung der bayerischen Monarchie und der Instrumentalisierung des Mittelalters für die Tourismusindustrie. Es darf natürlich auch eine Ausstellung sein…

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2 Antworten to “Der „Gedenkweg für die Opfer des Faschismus“ – Ein lokales Beispiel für geschichtspolitische Gegenbewegungen”

  1. Hans Simon-Pelanda Says:

    Richard Heigls Einschätzung zum jährlichen Gedenkmarsch am 23 April muss man sich anschließen: Die inzwischen jahrelange Weigerung der Stadt Regensburg, selbst als Veranstalter aufzutreten und das würdelose Nebeneinander von – im Bewusstsein der Stadtöffentlichkeit als konkurrierende wahrgenommenen – Gedenkfeiern zu beenden, wird als eine „Sonderform“ der (Anti-) Erinnerungspolitik noch zu würdigen sein.
    Zu den „geschichtspolitischen Gegenbewegungen“ eine kleine Korrektur, die aber zeigt, wie schwer es die Gruppen hatten öffentlich wahrgenommen zu werden. Bereits 1983 gründete sich eine „Geschichtswerkstatt Regensburg und Ostbayern“ und konnte damals schon zu Arbeitskreisen in der Gewerkschaft(sjugend) und im Umkreis des ASTA Kontakt aufnehmen. „Eine andere Stadtführung. Regensburg 1933 – 1945“ erschien ab 1983 in mehreren, teilweise überarbeiteten Fassungen; mit dieser Broschüre als Grundlage wurden mehrere Hundert Stadtführungen durchgeführt, übrigens bis heute, wenn auch inzwischen von Bildungsträgern übernommen und von Lehrern adaptiert.
    Die verbliebenen aktiven Mitglieder dieser Geschichtswerkstatt gehörten 1986 zusammen mit dem Geschichtsabeitskreis der Gewerkschaftsjugend zu den Gründungsmitgliedern der „Arbeitsgemeinschaft ehemaliges KZ Flossenbürg e. V.“, die heute ihren Sitz in Regensburg hat. (www.arge-kz-flossenbuerg.de)

    • Richard Heigl Says:

      Danke für den Hinweis! Ich habe schon geahnt, dass geschichtspolitisch in Regensburg noch einige andere Gruppierungen da gewesen sein müssten. Die Existenz einer Geschichtswerkstatt war mir neu. Man könnte sich ja mal bei einem Bierchen austauschen…

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