Zur Geschichts-Weblog Debatte

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Jan Hodel hat auf histnet Thesen über die Funktion von Geschichtsblogs publiziert. Und Klaus Graf hat auf Archivalia kommentiert.

Hodel sieht

„Weblogs als ‚Selbstverlags-Tool‘, zur persönlichen oder gruppenspezifischen Profilbildung in der Scientific Community dienen zu können. Dabei lassen sich die verschiedenen Ausprägungen dieser Profilbildung mit den Kategorien Information, Reflexion und Publikation fassen.

Hodels Beitrag birgt ein paar gute Gedanken, beispielsweise zu Blogs als Reflexionsmedium. Allerdings werbe ich massiv dafür, sich von der Idee eines Webs als „Selbstverlagstool zur Profilbildung“ zu emanzipieren. Graf weist in die richtige Richtung. Er sieht das Web als Kommunikationsraum und die Chance auf eine andere Debattenkultur:

„Web 2.0 heißt: Zusammenarbeit, gemeinsam Wissen schaffen.“

Die neuen Möglichkeiten des Webs liegen tatsächlich in der offenen Kommunikation und Dokumentation. Und es herrschen einfach andere Spielregeln: Reputation und Verbreitung lässt sich im Netz nur aufbauen, wenn man kollaborativ ist, die eigenen Interessen, nicht die Fragen, zurückstellt, Gedanken, Wissen und Ideen teilt.

Damit ist das Thema Profilbildung noch nicht vom Tisch. Da gibt es zwei Themenkomplexe:

  • Kommunikations- und Publikationsräume von Gruppen, ähnlich den Fachzeitschriften um die sich verschiedene Strömungen sammeln, sind natürlich profilbildend. Wenn ich es richtig sehe, kreisen Jan Hodels Gedanken stark darum, wie diese Kommunikationsknoten im Web 2.0 aussehen werden. Sinnvoll und unvermeidlich sind sicher Gruppenbildungen auf der Basis unterschiedlicher Methoden und Themen.
  • Profilbildung im Sinne der Selbstvermarktung im Rahmen eines Verdrängungswettbewerbs des akademischen Prekariats um Stellen und Einkommen. Auch im letzten Jahr sind wieder einige Geschichtsweblogs „zur persönlichen oder gruppenspezifischen Profilbildung in der Scientific Community“ gestartet worden, die klar unter Selbstvermarktung einzelner Personen rubriziert werden können. In einem freien Land kann das jeder (Frauen gibts da kaum) halten wie er will. Es interessiert nur auf die Dauer keinen. Das ist gut so. Und es wird sich auch nicht ändern, wenn plötzlich Historiker mit rotem Irokesenschnitt auftauchen (kleiner Insider-Scherz am Rande über Sascha Lobo – obwohl ich das ja gern mal sehen würde).

Das Problem ist, dass die beiden Themen nicht ganz voneinander zu trennen sind. Beim ersten geht es um Deutungshoheit, beim zweiten um die Existenz. Ich schlage vor, dass man in der wissenschaftlichen Arbeit im Netz beides so gut es irgendwie geht ignoriert. Denn Weblogs sind dann interessant, wenn  sie gerade nicht den Charme der Fachtagungen und Fachzeitschriften der Zunft haben, in denen es fast ausschließlich um Profilierung im Sinne von Rechthaberei und Pöstchen und fast nie um die Sache geht. Die public digital historians, die mir vorschweben, sind engagierte Beiträger und Vermittler, keine Selbstdarsteller.

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