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Donny Gluckstein: A People’s History of the Second World War. Resistance versus Empire.

4. August 2012
111-SC-217401.Source: http://www.archives.gov/research/ww2/photos/images/ww2-102.jpg Collection:  http://www.archives.gov/research/ww2/photos/#germany

An American officer and a French partisan crouch behind an auto during a street fight in a French city, ca. 1944. Public Domain via Wikimedia Commons

Dieses Buch sollten alle kennen. A People’s History of the Second World War. Resistance versus Empire betrachtet die Geschichte des Zweiten Weltkriegs „von unten“. Und das bedeutet einen grundsätzlichen Perspektivenwechsel. Die Befreiungs-, Widerstands- und Partisanenbewegungen erscheinen nicht als Anhängsel der westlichen Militärapparate oder als fünfte Kolonne der stalinistischen Sowjetunion, sondern als das, was sie in Wirklichkeit waren: eigenständige Bewegungen, die sich nicht nur gegen die mörderischen Achsenmächte zur Wehr setzten mussten, sondern auch noch mit den politischen Zielen der Alliierten in Konflikt standen.

Donny Gluckstein kann zeigen, dass es im Zweiten Weltkrieg zwei „parallele Kriege“ gab – einen „imperial war“ und einen „people’s war“:

Allied ruling classes battled to defend their privileged status quo from internal and external threats, while popular armed struggle strove for real, all-encompassing, human liberation and a more just, democratic future. Imperialists sacrificed life indiscriminately to achieve their end; partisans and guerillas defended local populations from aggression and agonised over the risks their actions posed for civilians. Conventional soldiers were subordinate to a rigid hierarchy and sworn to unquestioning obedience; fighters of the people’s war, whether in the soldiers‘ parliament in Cairo, the ghettos in Detroit, or the mountains of Greece, Yugoslavia and Italy, were conscious volunteers driven by ideological commitment.

Mehrheitlich zogen die Widerstandsbewegungen nach links, verwirklichten basis- und radikaldemokratische Ideen, beschäftigten sich mit sozialistischen und kommunistischen Gesellschaftsentwürfen – natürlich jenseits des terroristischen sowjetischen  Modells.
Als Befreiungsbewegungen gewannen sie breite Unterstützung in der Bevölkerung. Für viele Menschen schien ab 1943 eine andere, demokratischere  Gesellschaftsordnung in greifbare Nähe zu rücken. Und die Befreiungsbewegungen waren die zentralen Akteure des möglichen Wandels.

„Parallel Wars“ – schwer zu vereinheitlichen

Gluckstein ergreift Partei für die Widerstands- und Partisanen-Bewegungen, weil ihre Projekte und Ziele systematisch aus dem kollektiven Gedächtnis verdrängt wurden. Und das geschah nicht ohne Grund: Die demokratie- und wirtschaftspolitischen Forderungen gingen weit über das hinaus, was die Supermächte akzeptierten und zuließen. Erst vor kurzem verdeutlichte Stéphane Hessels Buch „Empört euch!“ die politische Sprengkraft des Themas. Der ehemalige Résistance-Kämpfer sprach sich seiner millionenfach verkauften Schrift für die Wiederbelebung der Werte der Résistance aus.

Dankenswerterweise vermeidet Gluckstein jede Heroisierung und Simplifizierung. Er zeigt die Probleme und Ausprägungen der sehr heterogenen Bewegungen und thematisiert ihre inneren Widersprüche. So macht er unter anderem deutlich, dass „people’s war“  nicht einfach als Klassenkampf oder nationaler Befreiungskampf verstanden werden kann, sondern ein Amalgam aus beiden war.

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Debatte um die Österreichische Akademie der Wissenschaft

12. Mai 2012

Die Austritte von Renée Schröder und Gunther Tichy aus der Österreichischen Akademie der Wissenschaften haben in der Alpenrepublik eine Diskussion um die politische Ausrichtung dieser Forschungseinrichtung losgetreten. Anton Tantner hat dazu eine historische Notiz geschrieben, in der er die Akademie als „Sturmgeschütz der Reaktion“ bezeichnet. Die Gründungsziele dieser Akademien sollte man sich vielleicht einmal genauer ansehen.

Ergänzung: Und in der aktuellen wissenschaftsinternen Debatte geht es um Mitbestimmung und transparente Mittelverteilung. Dabei wird kritisiert, dass ein Großteil der Akademiemitglieder dem Österreichischen Cartellverband angehören.  Es werden also sehr konservative Seilschaften bedient. Außerdem sind jüngere Disziplinen strukturell benachteiligt.  Eine Renée Schröder meint dann, der Gelehrtengesellschaft der ÖAW gehe es weder um die Förderung von Exzellenz noch um wissenschaftliche Erkenntnisse. Bei allem Respekt, aber ich persönlich habe ja dieses Exzellenz-Gerede echt über. Die besten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die ich kenne, haben keinen elitären Dünkel. Diese Akademien fördern aber genau das und gehören aus meiner völlig aufgelöst. Wir brauchen keine neuen „Exzellenzen“, sondern gar keine.

Museum Marienthal eröffnet

4. Oktober 2011

Gramatneusiedl Marienthal Consum Museum 2010 01

Das Buch »Die Arbeitslosen von Marienthal. Ein soziographischer Versuch über die Wirkungen langdauernder Arbeitslosigkeit« (zuerst Leipzig 1933) gehört heute zu den international bekanntesten Werken engagierter Wissenschaft. Die so genannte Marienthal-Studie gilt als eine der bedeutendsten Gemeindestudien, als Pionierarbeit auf dem Gebiet der Soziographie, als noch immer aktuelles Grundlagenwerk der Arbeitslosen- und als wegweisendes Projekt der empirischen Sozialforschung.

Um diese für die österreichische Kulturgeschichte bedeutende Fabrik und Arbeiterkolonie Marienthal auch vor Ort zu dokumentieren, wurde in Kooperation von Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich (AGSÖ), Karl-Franzens-Universität Graz, und Marktgemeinde Gramatneusiedl das Museum Marienthal gegründet, getragen vom »Kulturverein Museum Marienthal-Gramatneusiedl«.

Beim nächsten Wienbesuch auf meinem Zettel.

[via Adresscomptoir]

Kritik an österreichischer Landesausstellung in Auschwitz

23. November 2009

Peter Larndorfer kritisiert in seinem Beitrag auf malmoe.org die österreichische Ausstellung im Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau:

Die österreichische Ausstellung steht dort seit 1978 unverändert, wie ein Relikt aus einer anderen Zeit, und repräsentiert ein Geschichtsbild, das geschichtsbewussten österreichischen BesucherInnen der Gedenkstätte heute eigentlich nur peinlich sein kann. […] Kaum erwähnt werden die Begeisterung vieler ÖsterreicherInnen über den „Anschluss“, die rege Beteiligung der Bevölkerung bei Demütigung, Enteignung, Misshandlung und Ermordung der jüdischen Bevölkerung und die beeindruckenden Karrieren, die viele Österreicher (und manche Österreicherinnen) im Vernichtungssystem des Nationalsozialismus gemacht haben. Österreich war – ganz im Sinne der eröffnenden Tafel – das erste Opfer des Nationalsozialismus.

Larndorfer fordert eine schnelle politische Entscheidung für eine grundlegende Neugestaltung.