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#mustread: Aktivist_innen erzählen vom Älterwerden und Weiterkämpfen

29. November 2015

IMG_0311In „dabei geblieben“ erzählen „Aktivist_innen vom Älterwerden und Weiterkämpfen“. Mit den von Rehzi Malzahn geführten 26 Interviews und Selbstzeugnissen politischer Menschen können wir Entdeckungsreisen zu den Untiefen und auf die Berggipfel autobiographischer Rückblicke machen, und uns selbst fragen: Werde ich dabeibleiben? Und wenn ja … warum? Warum vielleicht nicht? Oder: jetzt erst recht!?

Das Mantra von der Klage über die Autonomen als Jugendbewegung und über ihre Resistenz gegenüber Neuerungen, über ihren moralischen Rigorismus und ihre unpolitische, subkulturelle Nischenstrategie ist schon mindestens 30 Jahre alt. Bereits 1986 schreiben die sprachmächtigen Mitglieder der autonomen l.u.p.u.s-Gruppe in kritischer Absicht über „die Autonomen“, diese hätten wenig Zukunft: würden in ihren Reihen doch „die Jungen […] mehr oder weniger die Fehler der Alten [wiederholen]“, „während sich die Alten Zug um Zug zurückziehen, weil sie in der Wiederholung der eigenen Fehler keine Perspektive entdecken können“ 1. Die heute Mitte 30-jährige Rehzi Malzahn hat nun für ihr Buch Linksradikale interviewt, die nicht weggegangen, sondern „dabei geblieben“ (so der Haupttitel) und bis heute militant unterwegs sind. Der jüngste ihrer Interviewpartner*innen ist heute 44 Jahre alt. Nur eine nochmals ‚jüngere‘ Stimme findet sich in dem Band: denn mit der Dokumentation zweier für die Veröffentlichung bearbeiteter Texte, die ein Genosse 2007 – mit 30 Jahren – bzw. 2014, also nunmehr sieben Jahre später als noch nicht knapp Vierzigjähriger in Briefform geschrieben hat, ist der Interviewband um eine noch einmal ‚jüngere‘ Perspektive reicher 2.

Insgesamt hat Rehzi Malzahn 25 Interviews geführt, vier weitere wurden nicht zur Publikation freigegeben. Von den Interviewten sind ein Drittel weiblich, schwul oder queer, die restlichen ungefähr zwei Drittel sind männlich sozialisiert. Alle Interviewpartner*innen kommen aus Großstädten oder leben dort, die meisten sind zwischen 50 und 60 Jahren alt, der älteste ist heute 72 Jahre alt. (more…)

Zur Geschichte der Hausbesetzung: Zwei Dokumentationen

6. Juni 2010

Yorck59 in Berlin, Autor: Yorck59, Lizenz: CC, Q:Wikimedia Commons

Sehe gerade bei archivalia, dass es jetzt eine 8-teilige Dokumentation der Züricher Häuserbewegung von 1979 bis 1994 auf DVD gibt. Leider kenne ich das Werk noch nicht, aber derartige Dokumentationen können natürlich helfen, die für viele völlig fremde und kriminalisierte Welt der Häuserbesetzerszene anhand ihrer Geschichte plastisch zu machen.

Die politischen Motive der Häuserbesetzerszene sind ja auch noch aktuell: Kampf gegen Spekulation und für eine demokratischere Kommunalplanung, Recht auf Wohnraum und selbstbestimmte Lebensweisen, mehr Raum für soziale und kulturelle Veranstaltungen. Entgegen dem einseitigen Bild in der Öffentlichkeit haben sich viele illegale Wohnprojekte über die Jahre etabliert und sind sogar zentrale Projekte der offiziellen Stadtteilentwicklung geworden.

Da jedoch die Grundanliegen der Hausbesetzer weiter unbeantwortet sind, werden auch in Zukunft immer wieder Hausbesetzerbewegungen entstehen, die zum Teil auch Zuspruch in der breiten Bevölkerung erfahren, wie man beispielsweise bei den Krakern in Amsterdam sehen kann. So bleibt die Geschichte der Hausbesetzungen ein  wichtiges geschichtspolitisches Feld, über das sich auch viel soziale Phantasie entwickeln lässt. Dabei ist das Thema nicht nur für die historisch-politische Bildung interessant, sondern könnte auch der einen oder anderen Schulstunde inhaltliche Impulse geben. Die Beschaffung der DVDs ist möglicherweise für eine einzelne Schule zu teuer und das Thema ggf. zu speziell (bin kein Lehrer). Für den Unterricht könnten aber schon mal die auf der Website bereitgestellten Originaltexte hilfreich sein.

Bei der Gelegenheit habe ich noch eine sehr brauchbare Dokumentation auf Youtube gefunden:

„Häuser, Hass und Straßenkampf – Die Revolte der Westberliner Hausbesetzer“: Teil 1, Teil 2, Teil 3Teil 4, Teil 5